OMAs Advent 2023 – Türchen 23: Morgen, Kinder …
“… wird’s was geben …” – wer kennt es nicht, als Gedicht oder Weihnachtslied?
Es gibt eine Variante dazu von Erich Kästner (*1899 in Dresden, gest. 1974 in München), die wir Euch hier vorstellen möchten.
Es stammt von 1928 und spiegelt den Zynismus wider, mit dem sich in den “Goldenen Zwanzigern” die Reichen über die Armen lustig machen. Die sozialen Spannung in der Weimarer Republik waren ein “Rausch in den Ruin”, wie wir heute wissen.
Kästners Bücher wurden später von den Nazis verbrannt, er blieb aber trotzdem weiter in Deutschland. Seinen Freunden sagte er, einer müsse ja der “Chronist der Ereignisse” sein. Er konnte unter Pseudonymen sogar arbeiten. Heute sind seine Gedichte und vor allem seine Kinderbücher weltberühmt.
Weihnachtslied, chemisch gereinigt
oder: Morgen, Kinder, wird´s nichts geben – von Erich Kästner
Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch Eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht so weit.
Doch ihr dürft nicht traurig werden,
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden,
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.
Lauft ein bisschen durch die Straßen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.
Tannengrün mit Osrambirnen –
lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heilge Nacht –
Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!
Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit . . .
Ach, du liebe Weihnachtszeit!