# Neulich beim Kaffeetrinken
Wir sind ja immer für einen guten Rat bekannt und eigentlich recht eloquente, schlagfertige Rednerinnen. Gestern aber holte uns die persönliche Realität ein. Und wir möchten unsere Gedanken mit Euch teilen, da wir aus vielen Emails und Kontakten wissen, dass es Euch sehr, sehr ähnlich geht. Also:
Kaffeetrinken mit der Familie.
Ihr ahnt es – natürlich landen die Gespräche irgenwann bei den jüngsten Wahlen und der allgemeinen politischen Unzufriedenheit. Einer meinte “Naja, aber deswegen muss man ja nicht diese Alternative wählen.” Ein anderer: “Hm, also ich hab die gewählt. Irgendwas muss ja passieren.”
Wir waren ernsthaft schockiert (was viel heißen will, denn wir machen das hier ja täglich).
So. Und nun? Geburtstagsfeier “sprengen” und diskutieren? Laut gegenan reden?
Wir konnten nicht NICHTS tun. Aber wir haben es auch nicht ganz richtig gemacht. Die Risiken und Nebenwirkungen sind regelrecht aus uns “herausgeplatzt”. Das war aber viel zu viel. Wir hätten konkret nach seinen Gründen fragen müssen. Ins Detail gehen. So lässt sich die Diskussion viel genauer führen. Wenn es noch keine “hardcore Rechts” Menschen sind: Beweggründe erfragen, die Menschen abholen, wo sie stehen.
Nicht jede/r neigt zur “Alternative” aus rechtsextremen, rassistischen oder faschistischen Gründen. Viele wissen nur einfach nicht mehr “wohin”, sind einfach nur unbedarft, falsch informiert oder fühlen sich schlichtweg nicht wahrgenommen und unverstanden.
Zum Glück sprang uns eine andere Verwandte zur Seite, die ihm glasklar entgegenhielt: “Ok, dann muss mein Mann also demnächst raus aus Deutschland, und ich auch.” – Ihr Mann ist Ausländer.
Aber auch das und all unsere Argument halfen nicht wirklich, denn …
… zum einen erzählte ein Verwandter von einer Dokumentation im Fernsehen, in der von den “Urlauben” der Flüchtlinge in Syrien und Afghanistan berichtet wurde. Das sei ja öffentlich-rechtlicher Journalismus und daher wohl auch richtig und gut recherchiert. Dass es bei den Flüchtlingen ebenso wir bei allen Gruppen eben immer auch “schwarze Schafe” gibt, liess er nicht gelten. Auch nicht, dass jemand, der seine todkranken Eltern jahrelang nicht gesehen hat, sie vielleicht einfach noch ein letztes Mal sehen möchte – egal unter welchen Risiken.
… zum anderen gibt es natürlich keine einfache Antwort auf die drängenden gesellschaftlichen Probleme – aber die “Alternative” verspricht genau DAS.
“Komm zu uns, wir haben Kekse” ist nunmal viel einfacher an die Leute zu bringen als “Komm, hilf uns beim Backen.”
… und es ist leider richtig, dass sich auch alle anderen Parteien in das “blaue Fahrwasser” begeben und sich rechten, populistischen Positionen “anbiedern”. Und die, die es nicht tun, sind viel zu leise oder tun tatsächlich – nichts. Jedenfalls nicht so, dass es die Öffentlichkeit bewegen würde.
Auch unser Hinweis an die Unzufriedenen in der Kaffeerunde, dass sie sich doch direkt an die politisch Verantwortlichen wenden sollten, führte nicht weiter. Alle Gemeindevertretungen und BürgermeisterInnen sind per Email, social media oder klassisch per Brief, Telefon und Sprechstunde erreichbar. Aber diese Mühe möchte sich natürlich niemand machen. Lieber bei der Wahl das Kreuzchen an der “alternativen” und damit ganz falschen Stelle machen. Bloss nicht selbst aktiv werden. “Man kann ja eh nix tun.”
Liebe PolitikerInnen: Alle, die mit dieser Wahrnehmung leben können, alle, denen es egal ist, ob die Menschen auf der Strasse ihnen vertrauen oder nicht – all diese machen sich definitiv mitschuldig am “Rechtsruck” und der Spaltung der Gesellschaft. Redet nicht von Demokratie – LEBT sie! Zeigt Euch! Seid ansprechbar! Nehmt die Menschen wahr und ernst.
Wir persönlich hatten in unserer Kaffeerunde das Ende unserer Möglichkeiten erreicht und standen mit dem sprichwörtlichen “Rücken zur Wand”. Egal, wieviel Wissen wir uns angeeignet haben, es “verpuffte” einfach, denn sowohl die Medien als auch die aktuelle Politik lassen uns tatsächlich inhaltlich im Stich.
Doch Aufgeben ist keine Option.
Wir überlassen dieses Land nicht denen, die es in einen Abgrund führen möchten, den wir schon einmal hatten.
Wir werden weiterhin für Vielfalt, Offenheit und Demokratie laut sein.
Wir werden die Medien und PolitikerInnen immer, immer, immer wieder an ihren Auftrag erinnern – und der ist demokratisch!
So, wie es die OMAS GEGEN RECHTS Hamburg gerade in Ihrem Brief an den Bundespräsidenten und in ihrer Solidaritätsnote an die Gedenkstätte Buchenwald getan haben.
Wir haben aber auch keine Lust mehr, von Medien und Politik “alleingelassen” zu werden – ob bei solchen Diskussionen, im privaten Umfeld, bei öffentlichen Aktionen, auf der Strasse, bei den Demos oder oder oder.
Wir haben keine Lust mehr, von Parteien angefragt zu werden, ob wir nicht bei ihren Veranstaltungen reden können – solange das nur “White-Washing” bleibt (im Sinne von “Greenwashing”, was für angeblich umweltfreundliche Aktionen von Firmen steht).
Und wenn Du das hier liest und selbst Medien- oder Parteimensch bist, dann engagiere Dich lautstark in den eigenen Reihen dafür, dass alle ein neues 1933 verhindern! Mach Lärm dafür, dass es bei den Menschen auf der Strasse ankommt dass das, was gerade passiert, NICHT gut für eine “deutsche Zukunft” ist. Zeigt Euch! Eure Arbeit beinhaltet Verantwortung für viele Generationen – nehmt sie endlich wahr, und zwar deutlich!
Warum wir das so offen schreiben? Weil wir uns sicher sind, dass es vielen von Euch da draussen so geht. Das Ihr ebenso fühlt. Genau SO. Und das Ihr auch manchmal müde und ratlos seid.
Aber auch aus “schlecht gelaufenen” Diskussionen lässt sich immerhin lernen, wie wir beim nächsten Mal besser reagieren können. Hier hatte es nur einfach keinen Sinn mehr.
Und für uns als OMAs ist klar – wir werden noch deutlicher mit unseren Forderungen zur Stärkung der Demokratie an die Medien und PolitikerInnen herantreten.
Wir sind immer noch MEHR und zahlen die Steuern und Gebühren, von denen ihre Jobs bezahlt werden.
Und auch, wenn so manche mitlesenden “Rechten” jetzt grinsen – wir geben nicht auf, Ihr bekommt uns nicht weg.
Wir nehmen nur Anlauf 🙂
OMAS GEGEN RECHTS Nord
kontakt@omasgegenrechts-nord.de