<< zurück | Post ID # 28086 | 21.09.2025

Hamburg-Eimsbüttel: Unterstützung beim 1. CSD in Grevesmühlen

Der 1. CSD in Grevesmühlen fand viel OMA-Unterstützung. Hierzu erreichte uns der folgende, persönliche Bericht aus Eimsbüttel, zusammen mit einem Video, das wir > hier auf unserem YouTube Kanal haben

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Am 13.09.2025 findet in dem kleinen Ort Grevesmühlen, ca 10 km entfernt von dem als Nazidorf bekannten Ort Jamel in Mecklenburg-Vorpommern (MV), der erste CSD statt.

Der 13.09. hat für mich aber noch eine ganz besondere Bedeutung. Es ist der Geburtstag meiner Mutter, die ich bereits mit 3 Jahren verlor. Was danach geschah, hat viel damit zu tun, warum ich heute gemeinsam mit anderen Hamburger OMAs auf dem Weg nach Grevesmühlen bin. Mein Vater heiratete wieder nach einem Jahr und fortan waren mein Bruder und ich unerwünscht, was sich in Gewalt, Bestrafung, Abwertung, Erniedrigung, Beschämung, Beschimpfung und einer Struktur von „ihr verdient nur das billigste und müsst dafür auch noch arbeiten“ niederschlug. Ich weiß also ganz gut, wie es sich anfühlt, als Feind und als eine Person gesehen zu werden, die dem eigenen Glück angeblich im Wege steht, als eine, die unerwünscht, irgendwie falsch ist und abgelehnt wird. Meinen Bruder und mich hat es viel Kraft abverlangt, unsere angstvolle Kindheit durchzustehen und genauso viel, uns anschließend durch Bildung zu entwickeln. Was ich mir damals als Kind gewünscht habe: Bitte rettet uns. Jetzt bin ich hier dabei zu unterstützen anstatt wegzusehen.

Doch nun in Grevesmühlen angekommen empfängt uns eine hohe Polizeipräsenz. Wir wissen noch nicht, wird sie sich positiv uns gegenüber verhalten, uns zum CSD durchlassen, vor den Nazis schützen? Es treffen viele OMAs aus Lübeck, Rostock etc. ein. Insgesamt sind wir vielleicht ca 60. Dazu kommen zahlreiche Antifas. Wir werden von einem jungen dpa Journalisten interviewt und erklären, warum wir hier sind und wie wir uns fühlen. Ich habe mich an die Polizeipräsenz gewöhnt und verlasse mich auf das Wort einer Mit-OMA, dass MV ja in SPD Hand sei und die Polizei in Ordnung. Irgendwann treffen die Nazis ein, von der Polizei auf die andere Seite des Bahnhofplatzes geleitet. Wie hinterher im Katapult zu lesen ist, handelt es sich um Reichsbürger, Heimatanhänger und solchen des III. Weges. In allen anderen Medien Mecklenburg-Vorpommerns sind es einfach die Gegendemonstranten.

Gemeinsam mit den Antifas werden wir laut. „Nazis raus. Hoch die internationale Solidarität!“ und mehr. Wir OMAs rufen nicht alles mit, da wir prinzipiell gegen Hass und Hetze sind. Nach einiger Zeit am Bahnhof teilen wir OMAs uns. Ich schließe mich denen an, die jetzt weiter zum Marktplatz möchten. Dort wird der CSD vorbereitet. Andere wollen hier am Bahnhof bleiben und den Nazis kein Durchkommen ermöglichen. Wir gehen mit dem Versammlungsleiter unserer Demonstration, mit anderen, die zum CSD wollen sowie mit Polizeischutz und Sanitäter*innen bis zu einem kleinen Park. Dort sollte wohl auch noch eine Kundgebung sein. Wir machen es uns erstmal auf der Wiese gemütlich. Nach einigem Hin und Her einigen wir uns mit der Polizei darauf, dass wir nun in kleinen Grüppchen ohne ihre Begleitung zum nahe gelegenen Marktplatz gehen. Um als Ganzes und mit Geleitschutz zu gehen, hätten wir direkt eine Versammlung anmelden müssen. Wir kommen auch so gut an, allerdings hören wir hinterher, dass das durchaus riskant gewesen sei, da wir uns ja nicht auskennen würden, besonders mit den Hinterhöfen.

Am Marktplatz haben wir noch viel Zeit. Es wird noch aufgebaut. Wir sitzen im einzigen Cafe und trinken Kaffee. Die Stimmung ist gut. Allmählich kommt alles in Gang und der Marktplatz füllt sich mit Teilnehmer*innen. Die Veranstalter*innen halten ihre Reden. Sie sind bedroht worden und haben dennoch weiter gemacht. Einige queere Personen wollten sogar aus Angst vor Erkennung nicht teilnehmen. Das ist schlimm zu hören. Wir wollen alle allen Mut machen. Mut, zusammen zu stehen und zu halten. Der Bürgermeister hat ein Grußwort gesendet. In Grevesmühlen sind die demokratischen Kräfte stärker.

Bald geht es per Umzug durch Grevesmühlen. Wir sind wohl ca 1000 und werden nur von sehr wenigen Anwohner*innen aus den Fenstern beäugt. Unsere Trommlerinnen machen Stimmung, ebenso schöne Lieder aus den Lautsprechern. Es ist dennoch irgendwie sehr ruhig. Von den Nazis bleiben wir bis dahin unbehelligt. Als wir kurz vorm Bahnhofsplatz ankommen, beschließen wir mit einigen, die wir ja schon seit morgens um 10:35 Uhr präsent waren, nach Hause zu fahren. Ich spreche das Kommunikationsteam der Polizei an und erfahre, dass die Naziversammlung inzwischen aufgelöst wurde. Keine*r wisse, wo die jetzt geblieben seien.

So machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof, gehen durch einen kleinen Tunnel, ein Schriftzug dort „Zecken jagen“. Oben am Gleis ist noch gut Zeit. Es ist nach wie vor Polizei vor Ort. Plötzlich eine Lautsprecherdurchsage, wir sollen aufpassen, die Nazis kämen durch den Tunnel zu unserem Gleis. Verwirrung. Unruhe. Wir sehen gegenüber am Gleis einen Nazi auf einen ersten Polizisten, der angelaufen kommt, zurennen. Er wird erfolgreich abgewehrt, läuft zu einer Gruppe Männer zurück, die vorm Tunnel stehen. Polizei läuft in den Tunnel. Waren zuerst schon Nazis reingekommen? Und dann läuft Göttin sei Dank der Zug ein. Erleichtert steigen wir ein. Bevor er abfahren kann, erklingt zum wiederholten Male die Ansage, der Türbereich solle freigegeben werden.

Wir fahren zurück mit vielen Fragen. Wird für die Gebliebenen alles gut ausgehen? Wie können wir uns besser auf solche Situationen vorbereiten? Welche hat was wie wahrgenommen bei der Aufregung zum Schluss? Die Presse wird alles als ruhig verlaufen abhaken. Wir werden noch etwas brauchen, alles zu verarbeiten. Am Himmel dann ein Regenbogen. Wie schön und passend.

Ich würde diesen Nazis am liebsten sagen, versteht endlich, dass ihr kein Glück auf dem Unglück anderer aufbauen werdet, genau wie meine Stiefmutter dies letztlich nicht konnte. Versteht, dass ein erfülltes Leben anders geht. Versteht, wie feige ihr seid, nachts und in Gruppen auf andere loszugehen, überhaupt auf Schwächere. Das ist eben nicht stark. Ein erfüllter Mensch braucht keinen schwächeren, um sich auf seine Kosten groß zu fühlen. Das hat rein gar nichts mit einem guten Selbstwertgefühl zu tun. Nutzt eure Chancen hier, macht was aus eurem Leben, lasst euch nicht kaufen.

Martina

OMAS GEGEN RECHTS Hamburg Eimsbüttel
Kontakt: ogreimsbuettel@posteo.de

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