# OMAs Advent 2025 – Türchen 17: Moral ist kein Schimpfwort
Heute gibt’s ein philosophisches „Türchen“, das uns in der Praxis aber durchaus helfen kann.
Menschen, die sich einfach für das Gute und für Rücksichtnahme einsetzen, wird häufig vorgeworfen: „Ach, hört doch auch zu moralisieren!„. „Moralisieren“ ist also ein Schimpfwort geworden.
- Ein schöner Text des österreichischen Journalisten Robert Misik dazu > Wie Moral zum Schimpfwort wurde
- Oder in der Süddeutschen Zeitung: > „Moral ist kein Schimpfwort“
Zurück zu uns:
Alles hier Folgende werdet Ihr wahrscheinlich niemals so „am Infostand“ direkt einsetzen können. Aber es ist geistiges Futter, eine kognitive Trainingsrunde, die Euch vielleicht hilft (oder zumindest stark macht und einfach weggehen lässt), wenn jemand „die Moralkeule rausholt“.
Natürlich ist es keine gute Gesprächsgrundlage, sich gegenseitig „von oben herab“ zu behandeln. Aber das Wort dafür ist eben „herablassend“ oder vielleicht auch „Besserwisserei“. Das beschreibt zwar die Form des „sich Äußerns“, mit der eigentlichen MORAL an sich hat das jedoch wenig zu tun.
Laut Lexikon hat Moral zwei Varianten:
- Persönlich:
Sittliches Empfinden, Wertesystem - Gesellschaftlich:
Gesamtheit von ethisch-sittlichen Normen, Grundsätzen, Werten, die das zwischenmenschliche Verhalten einer Gesellschaft regulieren
Der Reihe nach:
Für die persönliche Moral gilt „Die Gedanken sind frei“. Gefällt nicht allen, ist aber so. Das müssen auch wir anerkennen.
Die persönliche Moral ist der eigene „innere Kompass“, basierend auf den eigenen Überzeugungen. So kommt es dort, wo die „eine“ persönliche Moral gegen die „andere“ steht, natürlich zu Diskussionen .
Dagegen können wir uns einfach abgrenzen: „Das ist Dein Empfinden, da weichen unsere persönliche Werte voneinander ab.“ Das ist nicht „moralisierend“, sondern einfach eine klare Grenzsetzung und hat zwei Effekte:
Waren die Beteiligten nur daran interessiert, sich gegenseitig die eigene Meinung „aufzudrücken“, ist so ein Gespräch schnell beendet (es hätte ohnehin wenig gebracht).
Sind die Beteiligten allerdings an einem echten Austausch interessiert, wird es durch die klaren Grenzen möglich, sich etwas sachlicher und konfliktfreier weiter zu unterhalten.
Wenn es dabei bliebe, wäre vieles gewonnen. Würden wird uns alle einfach mit unseren Überzeugungen „leben lassen“, dabei aber unsere Handlungen alle an unserer gemeinsamen gesellschaftlichen Moral ausrichten, die im Grundgesetz definiert ist – dann hätten wir definitiv weniger Probleme.
Das reine Denken ist erlaubt (Beispiel: „Boah, mich nervt dieser Klimakram!“), auch wenn es uns persönlich vielleicht nicht passt. Solange es beim Gedanken bleibt, muss diese persönliche Freiheit allen erlaubt sein.
Das ist Meinungsfreiheit.
Wenn aber aus diesen Gedanken Handlungen und allgemeine Richtlinien werden, die anderen Lebewesen schaden, dann ist Schluss. Beispiel: Den Klimawandel zu leugnen und aktiv den notwendigen Klimaschutz zu verhindern, ist keine persönliche Moral, es ist lebensbedrohend für alle anderen auf diesem Planeten. Oder: Es mag verschiedene Meinungen (persönliche Moral) zur Flüchtlingspolitik geben – aber Seenotrettung für Flüchtinge abzuschaffen, ist Mord.
Sobald also die persönliche Moral aktiv dazu führt, dass andere Schaden erleiden, dann ist Schluss.
Das ist die Grenze der Meinungsfreiheit.
Sicher – ist diese Trennung sehr „akademisch“, denn Überzeugungen und Gedanken beeinflussen natürlich unser Handeln. Niemand ist eine Insel, niemand handelt „für sich ganz allein“. Alles, was wir tun, hat Auswirkungen auf die Gesellschaft um uns herum.
Das führt uns zum zweiten Punkt – der gesellschaftlichen Moral:
>> Als Moral werden die Werte und Regeln bezeichnet, die in einer Gesellschaft allgemein anerkannt sind. <<
(Definition bpb – https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/320812/moral/)
Gesellschaftliche Werte und Normen legen fest, welche Verhaltensweisen als wünschenswert gelten. Diese Werte dienen der sozialen Orientierung. Sie sind das Regelsystem für unser Zusammenleben und dienen dazu, „Gut“ und „Böse“, „Richtig“ und „Falsch“ in unseren Handlungen zu unterscheiden.
Und diese Werte sind bei uns im Grundgesetz definiert.
Für religiöse Menschen außerdem in ihren jeweiligen Geboten, und diese beinhalten bei ALLEN Religionen auch Nächstenliebe und Achtsamkeit im Umgang mit allen Lebewesen und unserer Umwelt.
Moral ist nicht universell, sondern wird durch Gesellschaften, Kulturen und historische Prozesse geprägt. So ist unser Grundgesetz das Ergebnis einer düsteren Zeit, das Ergebnis der Erfahrungen aus dem Nationalsozialismus,.
Deswegen ist auch die Erinnerungskulutr so wichtig, die uns ja oft genug ebenfalls als „überholt“ abgesprochen wird. Sie ist es nicht. Sie ist ein notwendiges Erinnern an das, was unsere gesellschaftlichen Werte heute ausmacht.
Moral wird auch immer dann als negativ und unliebsam dargestellt, wenn sachliche Gegenargumente fehlen. Dann, wenn die rein persönlichen Empfindungen zur Norm für alle gemacht werden sollen, dafür aber (außer der eigenen Gefühle) keine Gründe bestehen.
So ist es bspw. ein beliebtes Narrativ aus der querdenkenden und rechten Szene, dass „das Gendern“ und alles, was eine angeblich falsche Rücksichtnahme (auf Gleichberechtigung, Rechte von Minderheiten etc.) beinhaltet, überhaupt erst dazu geführt hätte, dass die Gesellschaft so gespalten sei und eine solche allgemeine Wut herrsche. Dieses angebliche „Über-Moralisieren“ wird also als negativ und einengend empfunden und sei damit der Auslöser gesellschaftlicher Unruhen. Das ist nun wirklich – schräg. Hier werden lediglich egoistische Positionen (persönliche Moral) höher bewertet als die Werte (gesellschaftliche Moral), die den Vorgaben des Grundgesetzes entsprechen, das unsere Gesellschaft seit so vielen Jahrzehnten zusammenhält. Ego über Gesellschaft – das geht wirklich niemals gut.
Es geht beim dem Vorwurf des „Moralisierens“ also gar nicht um die Moral an sich. Es geht darum, alles, was irgendwem nicht passt, von anderen aber gefordert und gefördert wird, als „Moralisieren“ abzustempeln.
Eine solche „abstempelnde“ Sichtweise zu entkräften, ist kaum möglich.
Und es sollte auch niemanden davon abhalten, weiter für das Gute einzustehen, denn:
Es ist nichts vewerflich daran, an das Gute zu appellieren.
Es ist nichts falsch daran, auf andere Menschen Rücksicht zu nehmen.
Es ist richtig, Menschenleben zu schützen.
Ein Plädoyer für moralisches Handeln ist bspw. in diesem Podcast zu hören:
Deutschlandfunk – Anne Rabe (Autorin „Das M-Wort“)
https://www.deutschlandfunk.de/ein-plaedoyer-fuer-moralisches-handeln-anne-rabe-schriftstellerin-100.html
>> Moral ist im Prinzip erst mal etwas Gutes. Also Moral brauchen wir ja auch, um den Gang der Gesellschaft irgendwie zu ordnen. <<
(Beile Ratut, finnisch-deutsche Schriftstellerin)
>> Es ist nicht zu viel Moral. Im Gegenteil, gegenüber einem zynischen Weltbild, einem Un-Menschenbild, das sich um Moral nicht schert und meint, immer das Realitätsprinzip gegen die Ideale ins Spiel bringen zu müssen, bin ich froh, dass einige noch daran erinnern, was die Kernbotschaft des Christlichen ist. << (Karl-Josef Kuschel in https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral-100.html) Für diejenigen, die es „nicht so mit Kirche haben“, könnte statt „des Christlichen“ der Satz alternativ beendet werden mit: „… was Mitmenschlichkeit und Menschenrechte bedeuten.“
Und ein ganz krasses (aber unseres Erachtens richtiges) Zitat in diesem Zusammenhang:
>> Der Grund des Bösen ist die völlige Ablehnung der Moral. <<
(Anne Neiman, Moralphilosophin, https://taz.de/Susan-Neiman-ueber-Moral-und-Bosheit/!6123508/)
Der Artikel von Robert Misik, den wir eingangs genannt haben („Wie Moral zum Schimpfwort wurde„), endet übrigens mit einem echten „Mutmacher-Satz“:
>> Man sollte sich im Zweifel von der Moral leiten lassen und weniger von den neunmalklugen Einwänden derer, die die Moral schlecht reden. <<
(Robert Misik)
In diesem Sinne: Folgt weiter Eurem Kompass – und dem Grundgesetz!
Sandra
OMAS GEGEN RECHTS Nord & Bund
kontakt@omasgegenrechts-nord.de







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