<< zurück | Post ID # 6884 | 27.01.2022
Hannover: Holocaust-Gedenktag
Am Holocaust-Gedenktag versammelten wir uns vor dem Mahnmal, zündeten Kezen an und lasen die Inschriften vor. Auf Wunsch hier mein Redebeitrag:
Dieses Mahnmal erinnert uns an die 6.800 Jüdinnen und Juden Hannovers, die den Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Sie haben ein Recht auf Erinnerung. Ebenso wie die Millionen von Menschen, die in Konzentrationslagern gefoltert und ermordet worden sind. Es gibt kein Recht auf Vergessen. Es war kein Vogelschiss der Geschichte, unter die all diejenigen gern einen Schlussstrich ziehen würden, die in jener Tradition der Menschenverachtung stehen.
Deshalb gedenken wir der Opfer nicht als Aufarbeitungsweltmeister. Nicht mit der Selbstvergewisserung, dass wir jetzt die guten Deutschen sind. Sondern mit der Mahnung, dass aus dem NIE WIEDER längst ein “immer wieder” geworden ist, dass vieles nicht aufgearbeitet wurde, dass Antisemitismus noch immer den Nährboden für Gewalt und Ausgrenzung bilden. Und: Dass wir nicht wegsehen dürfen.
Unsere Verantwortung endet nicht mit dem Erinnern, sondern bedeutet, allen Formen des Antisemitismus, des Rassismus und jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegenzutreten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert dazu auf, die Verantwortung weiterzutragen. Als Omas gegen Rechts tun wir das. In unseren Familien und auf der Straße.
Ich möchte hier die jüdische Poetin und Vizepräsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschlands, Hanna Veiler, zu Wort kommen lassen:
„Letztendlich geht es nicht um den 27. Januar, sondern vielmehr um die 364 Tage im Jahr, die nicht der Holocaust-Gedenktag sind. Wenn aus den Taten und Gesten, die heute fallen, kein Verantwortungsgefühl des Einzelnen erwächst, wenn mutmaßlich rechtsmotivierte Attentate immer noch ungeklärt bleiben und die Namen öffentlicher Orte weiterhin Antisemit:innen ehren, dann gibt es keine Zukunft für Jüdinnen:Juden in diesem Land.“
Wir dürfen nicht zulassen, dass die Verfolgung und das Leid der NS-Opfer von Impfgegner*innen und Verschwörungsanhänger*innen relativiert, instrumentalisiert und missbraucht werden. Eine Impfung und das Tragen von Masken sind kein Holocaust. Wer sich mit solchen Vergleichen anmaßt, sich mit verfolgten Jüdinnen und Juden gleichzusetzen, verhöhnt die Opfer der Verbrechen und verharmlost den Nationalsozialismus.
Wir wissen, wohin Rassenwahn und Überlegenheitsgefühle führen können. Deshalb setzen wir uns dafür ein, jeder Minderheiten- und Ausländerfeindlichkeit, jeder Relativierung des Holocaust eine Absage zu erteilen.
Der Völkermord ist Teil unserer Geschichte geworden, unter den man keinen Schlussstrich ziehen kann und den man nicht vergessen darf. Wir wollen auch heute und in Zukunft aus dieser Geschichte lernen und Verantwortung übernehmen.