Hamburg-Süd: Übergabe eines offenen Briefes an den NDR in Harburg
Der NDR gab bekannt, dass im Rahmen ihrer ‘Sommerinterviews’ ein Gespräch mit Dirk Nockemann (Fraktionsvorsitzender der AfD in Hamburg), geführt werden soll. In diesem Rahmen hatte es bereits Interviews mit Vorsitzenden anderer Parteien gegeben. Das sog. Pop-up-Studio, in dem das stattfinden sollte, ist in der Bremer Straße in Harburg, einem Stadtteil mit 51% Anteil an Ausländern und Menschen mit Mitgrationshintergrund.
Das Hamburger Bündnis gegen Rechts hatte darauf hin den NDR angeschrieben und gefordert, dieses Interview nicht durchzuführen, um den Rechten keine Bühne zu bieten. (http://www.hbgr.org/7428-offener-brief-an-den-ndr-hamburg-laden-sie-afd-chef-dirk-nockemann-wieder-aus).
In einem weiteren Schreiben des Harburger Bündnis “Einig gegen Rechts” wurde vorgeschlagen, jemanden vom Bündnis zum Interview dazuzunehmen. “Dies würde Ihren Hörer*innen die Möglichkeit geben, auch die kritischen Stimmen diesem Thema zu hören und sich ein umfassendes Bild zu machen. Wir würden jemanden entsenden, der unsere Kritik an Herrn Nockemann und seinen Positionen sachlich und fundiert darlegen kann.”
Dies wurde wie folgt abgelehnt: “Unsere Sommer-Interviews führen wir auf einheitliche Weise: Die Fraktionsvorsitzenden werden eingeladen und von einem Moderations-Duo befragt. Weitere Gäste sind nicht geplant. Aus Gründen der Gleichbehandlungen weichen wir davon nicht ab.”
So wurde schließlich zu einer Kundgebung vor dem Pop-up-Studio aufgerufen. Dieser Aufruf wurde von verschiedenen Gruppen, auch den OMAS GEGEN RECHTS Hamburg Süd unterstützt. Am Dienstag Abend teilte die Polizei dem Anmelder dann mit, dass das Interview mit Nockemann in das Studio nach Lokstedt verlegt worden sei. In ein Studio auf abgeschirmten Areal. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Als Antwort darauf beschlossen die OMAS GEGEN RECHTS Hamburg Süd, einen offenen Brief zu schreiben und ihn am 15.08. zu geplanten Aufnahmezeit um 10:30 Uhr im Pop-up-Studio in Harburg zu übergeben. Gleichzeitig meldete das Hamburger Bündnis gegen Rechts eine Kundgebung vor dem Studio in Lokstedt an. Der Aufruf dazu wurde von der Gewerkschaft Verdi im NDR unterstützt.
Die Übergabe des Briefes verlief ruhig und friedlich. Zusammen mit den OMAS fanden sich noch einige Harburger Bürger*innen ein, die jedoch anschließend nicht mit ins Studio gingen. Im Studio wurde die Gruppen von Herrn Ziolkowski in Empfang genommen, zuständig für Zentrale Programmaufgaben und Mitglied der Direktion. Nachdem der Brief verlesen und übergeben worden war, wurde ca. 1 Stunde diskutiert. Auch Herr Ziolkowski suchte Schutz hinter der von den NDR-Juristen interpretierten Staatsvertrag. Menschlich sei er bei uns, aber als NDR Mitarbeiter könne er nichts anderes sagen.
Die Verlegung nach Lokstedt sei übrigens aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt. Wenn in dem offenen Studio ein Interview geführt würde und davor wäre Protest mit Rufen, Skandierungen und womöglich Trillerpfeifen, dann könne man das Interview tontechnisch nicht mehr sichern und das Material sei für die Tonne.
Antwort der OMAS: Wenn Sie sich auf Gleichbehandlung berufen, dann muss auch Herr Nockemann sein Interview wie alle anderen im offenen Studio führen lassen. Wenn dabei Störungen sind, dann ist das ein Zeichen der Demokratie und sollte dann auch genau so gesendet werden. Eben im Rahmen objektive Berichterstattung.
Auf die Frage, was nun mit unserem offenen Brief geschehen werde, antwortete Herr Ziolkowski, er werde ihn an die Zentrale Redaktion weiterleiten, wo dann darüber entscheiden wird, ob er im Rahmen des Interviews, das am 15.08.24 um 18 Uhr ausgestrahlt werde, erwähnt wird oder nicht.
Offen war er für Kritik in Bezug Programmgestaltung. Nicht nur die AfD zu Wort kommen lassen, sondern wenn schon nicht direkt gekontert werden könne, dann sofort im Anschluss eine Richtigstellung der falschen Fakten und Behauptungen. Kritisieren dürften sie schließlich. Außerdem nicht die Narrative der Rechten bedienen, indem immer nur über Aufregerthemen berichtet würde. Sonden diesen positivie Berichte entgegen setzen, was alles gut funktioniert. Außerdem wurde kritisiert, dass die Aufreger eher die Schlagzeilen bekämen als die Gegenproteste. Diese wären höchstens Randnotizen. Den Leuten müsse mehr Mut gemacht werden. Wenn sich Menschen gegen die Angriffe auf die freiheitliche Grundordnung wehren, muss das Thema sein.
Bei dem vom Hamburger Bündnis gegen Rechts vor dem Studio in Lokstedt angemeldeten Protest hatten sich spontan ca. 70 Leute eingefunden, dazu auch Mitarbeiter*innen des NDR. (https://www.mopo.de/hamburg/afd-ist-keine-normale-partei-antifaschisten-protestieren-vor-den-toren-des-ndr/). Der NDR hat das Interview mit Nockemann um 18 Uhr komplett ausgestrahlt, ohne seine hanebüchenen Aussagen irgendwie zu kommentieren oder klar zu stellen. Auch die Proteste in Lokstedt und Harburg wurden mit keinem Wort erwähnt. Lediglich auf ndr.de wurde unter dem abgedruckten Interview in einem Satz der Protest in Lokstedt erwähnt.
Text und Fotos: Maja Meiser
OMAS GEGEN RECHTS Hamburg-Süd
Kontakt: ogr-hamburgsued@web.de
Der Brief als PDF > hier (oder als Bild s. unten)