<< zurück | Post ID # 19843 | 08.12.2024

# OMAs Advent 2024 – Türchen 8: Diskussionskultur

Wir wissen, dass Ihr die verschiedenen Reden, die die OMAS auf Veranstaltungen halten, gern hier nochmal nachlesen möchtet, um sie zu übernehmen oder eigene Ideen daraus zu entwickeln.

Das ist vollkommen ok – wir können unser “Schwarmwissen” auch dafür gut nutzen. Im heutigen “Türchen” also ein Redebeitrag, den ich gerade für eine anstehende Veranstaltung vorbereitet habe:

Diskussionskultur

Uns erreichen immer öfter Meldungen, dass jüdische Fachkräfte ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen können.

So wurde bspw. an der Uni Erfurt ein Vortrag zum Nahostkonflikt abgesagt, weil die Fakultät zu große Sicherheitsbedenken hatte. Einerseits (wenn auch unter Bauchschmerzen) nachvollziehbar, andererseits tragisch und nahezu eine Bankrott-Erklärung für unsere demokratischen Werte.

Da sollte doch eine große Warnlampe blinken. Einschnitte in der Meinungs- und Lehrfreiheit … DAS hatten wir schon mal.

Es ist an dieser Stelle völlig egal, wie wir zum Nahostkonflikt stehen. Auch bei den OMAs gehen die Meinungen dazu weit auseinander. Dennoch gibt es einen unverrückbaren Konsens, und der heisst: Diskussion!

Die blinkende Warnlampe zeigt aber, dass wir dabei sind, diese wichtigen Pfeiler unserer Demokratie zu verlieren: Meinungsvielfalt und Meinungs-FÄHIGKEIT.

Dazu gehört, dass Meinungen und Ansichten auf jeden Fall geäußert werden dürfen – aber in einer Form, die nicht verletztend ist. Und das meinen wir wortwörtlich, denn es ist zunehmend zu beobachten, dass der Umgang miteinander sprachlich verroht und immer “militanter” wird.

Das beginnt schon im ganz kleinen Kreis – sogar bei OMAS untereinander. Bist Du nicht sofort meiner Meinung, rede ich nicht mehr mit Dir. Basta. Dabei verbieten wir so eine “Bockigkeit” doch bereits unseren Enkelkindern. Was ist aber mit uns selbst?

Das sollten wir definitiv besser machen, besser vor-leben. Für uns und alle um uns herum. Wenn wir Demokratie fordern, müssen wir auch hier Vorbild sein.

Kurzum – um es etwas zynischer und plastischer auszudrücken: Jede/r hat das Recht, doof zu sein. Aber niemand hat das Recht, sein Doofsein zum Schaden anderer oder gar gewalttätig umzusetzen – weder physisch noch sprachlich.

Kommen wir zurück auf das, was an der Uni passiert ist: Es wurde befürchtet, dass die hitzige Diskussion um den Nahostkonflikt zu physischer Gewalt führen würde. Und das ist aktuell nicht weit hergeholt. Das Verschwinden der Diskussionskultur, das Beschränken auf social media fähige “Kurzformen”, die immer geringer werdende Aufmerksamkeits-Spanne – all das führt dazu, dass Meinungsvielfalt und Diskussionsfähigkeit leiden.

So geht es nicht. In unseren OMA Grundsätzen sind Antisemitismus und Gewaltfreiheit ganz klar verankert.

Wenn wir etwas besser machen wollen, dann die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen. Meinungen aushalten – aber “Meinungen” auch eindämmen, wenn sie nur dazu dienen, Handlungen zu rechtfertigen, die das Leben und die Freiheit anderer beeinträchtigen. Ob gegenüber jüdischen Dozenten oder sonstwo im gesellschaftlichen Alltag.

Es ist wichtig zu diskutieren, vor allem auch kontrovers zu diskutieren. Wenn wir eine offene Diskussion nicht zulassen, verschieben sich Meinungen in nicht-öffentliche Kanäle, in die sogenannte “persönliche Blase”, also die eigene “Komfortzone” und können dort wild wachsen, zumal sich in diesen “Blasen” immer auch gegenseitige Bestärkung findet.

Genau das ist ja bereits vielfach passiert – und Menschen, die sich so fühlen, also “ungehört”, “abgehängt” und “unverstanden”, werden schliesslich zu Af* Wählern. Aus den wildesten Gründen, die meist wenig mit dem Parteiprogramm der Af* zu tun haben. Diese Menschen sind nicht pro-Af*, weil sie die Partei wiklich gut finden (oder sich überhaupt mit ihr auseinandergesetzt haben), sondern weil sie das Gefühl haben, dass ihnen sonst niemand zuhört. Dabei ist ihnen nicht bewußt oder sogar egal, dass die Af* sich gar überhaupt nicht für ihre Ängste interessiert und auch überhaupt keine echten Lösungen anzubieten hat, sondern einfach nur Stimmen “abfischt”, um sich diese gewinnbringend zu Nutze zu machen. Und dahinter reiben sich ganz andere, demokratiezersetzende Kräfte die Hände, denen letztendlich auch nur am eigenen Wohl gelegen ist.

Der Wandel einer demokratischen Diskussionskultur zu einer reinen “Meinungsschlacht” – DAS ist die rote Linie. Genau hierhin gehört die vielzitierte “Brandmauer” – wobei selbst dieses Wort schon auf den “brennenden” Zustand unserer Demokratie hinweist.

Wir müssen wieder lernen, miteinander zu diskutieren. Ganz dringend.

Das ist es, wozu wir OMAS und alle demokratischen Kräfte gebraucht werden. Leben wir es vor.

Sandra für das WebTeam
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