<< zurück | Post ID # 21313 | 09.01.2025

# Frauen “am Herd” …

Dieser Artikel ist auch im > oma-podcast.de (Folge 10, hier klicken) zu hören.

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Uns erreichte folgender Seufzer einer Mit-OMA:

>> Mir ist es immer schleierhaft, wenn mir junge Frauen erzählen, sie hätten gar nichts dagegen, zuhause am Herd zu bleiben und die Kinder zu hüten, wenn der Partner denn genug nach Hause brächte. <<

Wir haben das hier einmal ausführlich für Euch beleuchtet – auch als Argumentationshilfe, wenn Euch solche Aussagen begegnen.

Denn es ist in der Tat ein Phänomen, dass immer mehr Frauen sich bewusst in althergebrachte Rollen zurückziehen. Dieser Satz ist sorgfältig gewählt, denn er beleuchtet zwei Aspekte:

1. Zurückziehen

Das ist häufig eine Reaktion auf die verunsichernden Umstände unserer schwierigen politischen Zeit. “Liebevoll” gesagt: Wenn alles um uns herum unsicher erscheint, ist es ein ganz normale Reaktion, nach Schutz zu suchen – und den vermuten viele junge Frauen dann in der häuslichen Umgebung. Dieser “Rückzug” ist aber eine Falle, denn dadurch entsteht eine fatale Abhängigkeit (dazu mehr im Folgenden).

2. Althergebrachte Rollen

Immer noch ist in unseren Köpfen verankert, dass der Mann der Jäger und die Frau die Haushüterin ist. Jüngste Forschungen haben aber gerade erst bewiesen, dass dieses Rollenbild, dieses stereotype “Narrativ” nicht stimmt. Es wurde längst festgestellt, dass Frauen eben wie Männer an der Jagd teilnahmen:

Die “klassische Rollenteilung”, mit der wir aufgewachsen sind, ist also nichts weiter als ein menschengemachter Mythos.

Und dieser Mythos wurde bereits so lange erzählt und gelebt, dass er inzwischen tief in uns gesellschaftlich “abgespeichert” ist: Der Mann jagt und beschützt, die Frau führt Herd und Heim.

Für eine moderne Lebensplanung aber ist “Ich bleibe zuhause, der Mann passt auf uns auf” keine gute Grundlage. Weder für die Männer, die damit ganz schön unter Druck stehen, noch für die Frauen, die sich damit in große Abhängigkeit begeben.

Die persönliche Entscheidung ist kein Problem

Natürlich sollen alle ihr Lebensmodell frei wählen können, solange es niemand anderem schadet.

Und es ist für die Kinder auch besser, gerade in den ersten drei Lebensjahren, wenn sich die Eltern um sie kümmern, anstatt sie in eine Betreuung zu geben (die auch erstmal gefunden werden muss …).

Wenn also die Aussage “Ich bleibe zu Hause, mein Mann arbeitet” nicht nur ein “romantischer Moment” ist, sondern eine bewusste, gemeinsame Entscheidung ist (die am besten sgar noch von gegenseitiger finanzieller Absicherung gestützt wird), und sonst niemandem damit vorgeschrieben wird, dass es bei allen anderen genauso sein sollte, dann ist das erstmal zu respektieren.

Nehmen wir – grob vereinfacht! – die Amischen in den USA als Beispiel – sie pflegen einen historischen Lebensstil, fordern aber von niemandem, diesem Bild zu folgen. Es ist fair und richtig, wenn alle nach ihren Vorstellungen leben, ohne damit andere negativ zu beeinflussen oder zu verletzen.

Das Problem ist, das es meistens nicht so ist.

Meistens beruht diese Aussage und sogar die Entscheidung selbst nur darauf, dass Frauen entweder …

  1. nicht ausreichend über die Konsequenzen im Klaren sind oder
  2. sich nicht für mögliche Alternativen interessieren oder
  3. keine andere Wahl sehen. Sie verdienen ja bereits weniger, also geht der “Besserverdienende” weiter zur Arbeit.

Wenn ungleiche Bezahlung und Rollenklischees werden einfach hingenommen oder sogar ignoriert werden, dann haben wir ein Problem.

Oder, noch weitergehend: wenn die, die sich aktiv aktiv für Verbesserungen einsetzen, die die Ungleichbehandlung deutlich benennne und sich für gleiche Bezahlung und die Aufhebung alter Rollenbilder einsetzen, als “Emanze” oder schlimmer abgestempelt werden, dann haben wir ein Problem.

Und alle, die sich seit so vielen Jahren für Gleichberechtigung einsetzen, haben natürlich sofort ein Problem mit solchen Aussagen, wenn sie “einfach so” und als DAS Lebensmodell dargestellt werden, denn …

Es IST wichtig, in Frage zu stellen, warum immer noch keine gleichberechtigte Bezahlung exisitiert.

Es IST wichtig, dass alle Menschen (ob Mann oder Frau) zu denselben Bedingungen leben und arbeiten können.

Es IST wichtig, politisch zu fordern, dass Erziehungs- und Pflegezeiten eine stärkere Anerkennung bei der Rentenberechnung bekommen.

Es IST wichtig, gerade junge Frauen zielgerichtet zum Thema Geld und Gleichberechtigung zu informieren.

Denn die persönlichen Konsequenzen sind fatal:

Finanzielle Abhängigkeit führt dazu, dass Frauen nicht die gleichen Möglichkeiten wie ihre Partner haben.

Finanzielle Abhängigkeit ist einer der Hauptgründe für häusliche Probleme – es gibt sogar den fachlichen Begriff “finanzielle Gewalt”, denn derjenige, der die Finanzen kontrolliert, kontrolliert auch die Lebensführung.

Diese Abhängigkeit erzeugt letztendlich höheren Stress in der Beziehung, so dass es zu dem kommt, was in dem ursprünglich schönen, aber vermutlich auch etwas naiv gedachten “Ich bleibe zu Hause, mein Mann versorgt uns” dann ins Gegenteil umschlägt – statt der gewünschten Harmonie wird es zur persönlichen Katastrophe.

Also – Problem oder nicht?

Nochmal – wenn in einer gesunden, funktionierenden, fairen Beziehung beide Personen miteinander gleichberechtigt vereinbaren, wie sie ihr Lebensmodell gestalten wollen, dann ist das kein Problem. Das ist aber in den wenigsten Fällen so, und dann kommt es zu den geschilderten Problemen.

Und ein weiteres Problem besteht dann, wenn dieses Lebensmodell als das einzig Erstrebenswerte angesehen wird und mit Unverständis oder sogar hämisch belächelt wird, dass sich andere intensiv für mehr Gleichberechtigung und Chancengleichheit einsetzen.

Noch schlimmer: Wenn vor allem Frauen aus dem identitären, völkischen Umfeld dieses Lebensmodell als “die Lösung” für uns alle präsentieren und uns allen damit einen Lebensstil vorschreiben wollen.

Denn die meisten Frauen (nicht nur in Deutschland, sondern weltweit) leiden brutal unter der Ungleichstellung. Frauen, die einen anderen Lebensplan haben, und “voll im Beruf” stehen, wissen, wie schwer es immer noch ist, dieselbe Anerkennung und vor allem dasselbe Gehalt wie Männer in derselben Postion zu bekommen. Und für sie ist das “Ich bleibe gern zu Hause, was regst Du Dich denn so auf?” einfach unsolidarisch und kaum zu ertragen.

Wie sieht es überhaupt aus mit der Gleichberechtigung, gerade im finanziellen Bereich?

Machen wir es kurz: Gender Pension Gap und Gender Pay Gap sind bittere Realität.

… bitte WAS?” 🙂 Hier die Erklärung:

Gender Pension Gap

lässt sich am besten mit “Rentenlücke” beschreiben, also den ungleichen Rentenansprüchen für Frauen und Männer. Die Hans Bückler Stifung beschreibt das so:

” … dass unstete Erwerbsverläufe und Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt sich auch in den Leistungen der Rentenversicherungen niederschlagen. In der großen Rentenlücke bzw. dem Gender Pension Gap widerspiegeln sich gleichzeitig und kumulativ niedrige Erwerbsbeteiligung, hohe Teilzeitraten, niedrige Entgelte, häufige und längere Erwerbsunterbrechungen sowie die Beschäftigung in nicht sozialversicherungspflichtigen Minijobs. Aus diesem Grund ist die Rentenlücke (der Gender Pension Gap) auch deutlich größer als die Entgeltlücke (der Gender Pay Gap), in dem sich nur einige dieser Komponenten widerspiegeln.”
https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_29_2016.pdf

Langer Satz, kurz Luft holen.

Das ist eigentlich eine gute Zusammenfassung dessen, was wir schon gesagt haben: Geringere Jobs und einkommenfreie Zeiten führen zu geringerer Rente. Und Deutschland ist in diesem Bereich eines der am schlechtesten aufgestellten Länder im europäischen Vergleich.

Positiv ist, dass diese Rentenlücke in Deutschland geringer wird. Aber nicht wegen fairer Bezahlung oder finanzieller Gleichberechtigung, sondern aus einem ganz makaberen, statistischen Grund: Wir werden älter als die Männer – und bekommen daher dann auch die Ansprüche aus der Hinterbliebenenrente.

Wir haben einige Studien zur Renten- und Bezahlungslücke gelesen, und alle stimmen in einem Punkt überein:

Die „Sichtbarkeit des Themas” muss erhöht werden.

Und da sind Aussagen wie “Ich bleibe gern zu Hause, und das solltest Du auch tun” wenig hilfreich, um auf unseren eigentlichen Anlass zurückzukommen.

Die Rentenlücke wird inzwischen zwar kleiner, aber sie ist immer noch zu groß. Und das vor allem aufgrund der – und jetzt kommen wir zum zweiten Begriff:

Gender Pay Gap

was soviel heisst wie “Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen”.

Im Gender Pay Gap Report des Deutschen Statistischen Instituts von 2023 (für 2024 haben wir noch keine Auswertung) steht:

Frauen verdienten pro Stunde 18 % weniger als Männer
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/01/PD24_027_621.html

Genauer: “Frauen haben im Jahr 2023 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 % weniger verdient als Männer. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, erhielten Frauen mit durchschnittlich 20,84 Euro einen um 4,46 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (25,30 Euro).”

Also: jede Stunde verdienen wir 5 Euro weniger als die Männer.

Das Ganze wird im “Equal Pay Day” noch deutlicher.

“Equal Pay Day” lässt sich übersetzen mit “Tag der Bezahlungsgleichheit”. Dieser Stichtag beruht auf einer Initiative des Vereins der Businessfrauen Deutschlands (BPW Germany) und wird durch das Bundesfamilienministerium gefördert. Der Equal Pay Day markiert symbolisch den Tag des Jahres, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten – während Männer seit Jahresbeginn für ihre Arbeit bezahlt werden.
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-und-arbeitswelt/lohngerechtigkeit
https://www.equalpayday.de/

Dieses Jahr ist der Equal Pay Day am 7. März 2025 – bis dahin arbeiten Frauen also (bezogen auf den Jahresverdienst im Vergleich zu Männern) umsonst, gratis, für Null Euro.

Die Tage bis zum 7. März sind für sie statistisch unbezahlte Arbeit. So hoch ist immer noch der Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Gehältern.

Schlussendlich

Wenn jetzt jemand sagt “Dann bleibe ich doch lieber zu Hause” statt sich dafür einzusetzen, dass sich daran etwas ändert, und womöglich sogar noch abfällig guckt, weil wir uns für eine Verbesserung einsetzen, dann stehen mir persönlich die Haare zu Berge.

Bestes, Sandra
OMAS GEGEN RECHTS Nord (& Bund)
kontakt@omasgegenrechts-nord.de

Weitere Links zum Thema

Ein tolles Tool für junge Frauen zur “grundsätzlichen” persönlichen Finanz- und Berufsplanung:
http://www.die-generalprobe.de/

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