OMAs Advent 2023 – Türchen 16: Parteiverbot – Pro und Contra
Kürzlich haben wir auf eine => Petition für das AfD Parteiverbot hingewiesen, was im Anschluss zu interessanten Diskussionen geführt hat.
Die letztendliche Entscheidung bleibt natürlich jeder und jedem selbst überlassen. Wir möchten das dennoch zusammenfassend beleuchten (und Euch am Schluss noch eine Anekdote erzählen).
Dazu zitieren wir aus einem Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung => “Autoritäter Nationalradikalismus”:
>> (…) Positionen gegen die offene Gesellschaft und die liberale Demokratie sind unter AfD-Wählenden sehr weit verbreitet und vor allem stabil. Jene Mentalitäten, die die Menschen dazu bringen, AfD zu wählen, existierten schon lange vor ihrer Gründung, waren aber parteipolitisch ungebunden. Nun haben sie eine feste Anschlussstelle. (…) Verbote rechtsextremer Parteien helfen leider wenig, weil sich die Einstellungsmuster der Menschen nicht verbieten lassen. Repression erzeugt auch Innovationen im rechten Spektrum. Man erfindet sich neu. (…) <<
Ja, kann man so denken. Es gibt jedoch auch viele Argumente, die FÜR ein Parteiverbot sprechen:
Parteiverbot ist ein demokratisches Mittel. Das Verfahren dahinter dient dazu, antidemokratische Umtriebe zu entlarven und die Demokatrie zu schützen. Und dies aus wichtigen Gründen.
a) Geld.
Zugelassene Partei (und deren Menschen in den entsprechenden staatlichen Positionen) werden von unseren Steuergeldern finanziert. Steuergeld, das knapp ist, anderswo dringend benötigt wird und für pro-staatliche, demokratische Ziele zur Verfügung stehen sollte – nicht aber für offen antidemokratische, faschistische und rassistische Zwecke.
b) Macht.
Durch ein Parteiverbot werden selbstverständlich weder die Menschen noch deren Einstellungen verschwinden, das ist klar. Es ist auch sicher, dass sich wieder andere Organisationen bilden würden – und das Ganze von Neuem beginnt. Das ist geschichtlich bewiese Wahrheit. Aber: es wird erstmal Macht weggenommen. Es entsteht eine Pause, in der sich demokratische Kräfte wieder erholen und stärker werden können.
c) Signalwirkung.
Es muss deutlich werden, dass offen rechtsradikale Bestrebungen nicht unwiedersprochen hingenommen werden. Wir schreiben uns ständig auf die “Fahne”, dass wir alles für ein NIE WIEDER tun wollen. Tun wir es!
d) Kontrolle.
Im o.g. Artikel heisst es: >> Die als Chaos wahrgenommene globalisierte Gegenwart soll (von den Rechten) beseitigt und eine ursprüngliche Ordnung wiederhergestellt werden. Es geht hier immer um ein “take back control”. << Richtig. Es geht um Kontrolle. Wollen wir diese Kontrolle wirklich in rechte Hände geben?
e) Keine Normalisierung.
Das Zulassen rechter Politik ebenso wie die Übernahme rechter Rhetorik führen dazu, dass sich beides “normalisiert”. “Rechts-Sein” wird gesellschaftsfähig. Und was erst mal als normal gilt, kann nachher kaum noch als Problem erkannt werden. Das wollen wir nicht.
Kurzum – wir sehen mehr Gründe, die dafür sprechen, sich für ein Parteiverbot zu engagieren, als dagegen.
In einem weiteren Punkt stimmen wir allerdings 100% mit dem Bericht der Bundeszentrale überein (und über das wichtige Streiten hatten wir => hier ja auch schon geschrieben):
>> Die Zivilgesellschaft muss vor allem konfliktfähiger werden. Insbesondere in den nahen Bezugsgruppen wie Verwandtschaften, Freundesgruppen, Kirchen, Sportvereinen, am Arbeitsplatz et cera. Immer dann, wenn Menschen Positionen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit artikulieren, muss ihnen sofort entschieden widersprochen werden. Wenn wir das nicht riskieren, auch auf die Gefahr hin, aus unseren Bezugsgruppen ausgeschlossen zu werden, tragen wir an der Normalisierung und Anschlussfähigkeit der AfD eine Mitschuld. <<
Dem ist inhaltlich nichts hinzuzufügen. Gute Worte.
Und dazu die versprochene Anekdote – nur als kurzes Beispiel, Zitat einer OMA:
In einer Reha-Gruppe äußerte sich ein Neumitglied mehrfach abfällig über seinen ausländischen Pfleger und warf mit Pauschalphrasen um sich (“Der hatte wohl Ramadan.”, “Ich lauf dem Araber doch nicht hinterher wie seine Frau” usw.). Um ihn herum entwickelte sich ein zustimmendes Grinsen in Teilen der Gruppe.
Ich unterbrach ihn mit: “Sowas will ich hier nicht hören.” Mehr nicht.
Er wurde wütend und antwortete: “Das ist doch nicht rechtsradikal gemeint!” – meine Antwort: “Den Begriff haben Sie jetzt verwendet, sonst niemand. Dann wissen Sie ja, wohin das gehört. Und den Platz dafür gibt es hier nicht. Bedanken Sie sich lieber bei Ihrem Pfleger, dass er immer noch für Sie da ist.” Dann war Ruhe. Und diejenigen, die ihn zuvor noch zustimmend angegrinst hatten, wandten sich von ihm ab.
Es ist alles nicht einfach. Aber auch auf keinen Fall normal. Und das sollten wir auch immer entlarven – sogar in solchen Alltagssituationen.
Unsere ganz persönliche Tendenz ist nach eingehenden Überlegungen daher “Pro-Parteiverbot”, um einen klaren Stop zu setzen.
Wir können dennoch alle Ansätze nachvollziehen, die sich gegen ein Parteiverbot aussprechen – und bitte bleibt weiterhin offen und diskutiert es. Denn allein schon die laute Diskussion darüber zeigt, dass es sich hier um Elemente handelt, die jenseits unserer demokratischen Werte agieren und jeder Kritik bedürfen.
Denn das sollte uns am wichtigsten sein: Laut bleiben gegen Rechts!
Euer WebTeam